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Aufbau und Abriss

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  33. Sonntag im Jahreskreis – C  Das Evangelium an diesem Sonntag (Lk 21,5-19) beginnt damit, dass einige die schönen Steine und Votivgaben bewundern, die den Tempel schmücken. Angesichts dieser Bewunderung müssen die Worte Jesu wie eine „kalte Dusche“ geklungen haben:  Es werden Tage kommen, an denen von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleibt, der nicht niedergerissen wird. Selbst die schönsten, heiligsten Dinge, alles was „aufgebaut“ ist, wird der Zerstörung unterworfen sein. Alles vergeht. Alles steuert auf eine bestimmte Zeit zu. Man kann auch die Neugier der Zuhörer verstehen: Wann wird das geschehen? Und wie? Und welches Zeichen wird es geben, dass es nun bald geschehen wird? Natürlich würden auch wir Jesus fragen, wann und wie unser Haus zerstört oder unsere Kirche in Schutt und Asche gelegt werden wird, wenn er uns sagen würde, dass davon kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Die kindliche Neugier der Jünger ist auch heute noch spürbar. Jed...

Ihr seid der Tempel Gottes

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Weihetag der Lateranbasilika Wir feiern die Weihe der Kathedrale Roms. Es ist ein Fest für alle Diözesen, ein Zeichen der Verbundenheit mit dem Sitz des Papstes. Die Basilika wurde im 4. Jahrhundert geweiht, nachdem Kaiser Konstantin die christliche Religion als „erlaubt“ erklärt und der Kirche damit den Bau von Gebäuden für den öffentlichen Gottesdienst gestattet hatte. Zuvor, in der Zeit der Verfolgung, hatte sich die christliche Gemeinde in privaten Häusern und an versteckten Orten versammelt. Auch heute noch sind in manchen Teilen der Welt die Christen gezwungen, so zu leben; aber, wo immer es möglich ist, ist es wichtig, ein sichtbares Zeichen zu haben, einen Ort für die christliche Gemeinschaft inmitten der Welt. Wir nennen unsere Gotteshäuser „Kirchen“, aber „Kirche“ (Ecclesia) bedeutet „Versammlung“, eine versammelte Gemeinde. Ein sakrales Gebäude wird „Kirche“ genannt, weil es der Ort ist, an dem sich die eigentliche Kirche versammelt, also die Gemeinschaft der Männer und Frau...

Hoffnung

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2. November  -  Allerseelen Heute versammelt sich die Kirche zum „Gedenken“, das heißt zu einem gemeinsamen Akt des Erinnerns an die verstorbenen Gläubigen. Es soll kein Tag der Beklemmung sein: Wir sind aufgerufen, unsere Hoffnung zu stärken. Wenn ein Christ an den Tod denkt, soll sich sein Herz zu einem unerschütterlichen Vertrauen auf das ewige Leben öffnen. Heutzutage wird der Gedanke an den Tod beiseitegeschoben, verdrängt. Die Menschen haben solche Angst vor dem Tod, dass sie nicht einmal den Gedanken daran ertragen können. Man soll nicht darüber sprechen, man soll nicht daran erinnern. Oder man spricht auf obsessive Weise davon, gibt sich nekrophil, um ihn zu exorzieren. Warum? Weil die Hoffnung verloren gegangen ist! Das sollte den Unterschied zwischen Christen und Nichtchristen ausmachen. Die Nichtchristen haben Hoffnung nur in dieser Welt: Wenn sie an den Tod denken, sehen sie eine dunkle Mauer, hinter der es nichts mehr gibt. Die Christen haben Hoffnung in...

Seligkeit

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Allerheiligen – 2025 Es gibt viele Möglichkeiten einer Definition der Heiligen, aber eine ist die beste von allen, denn sie ist jene, die Jesus selbst verwendet: Die Heiligen sind „selig“, das heißt sie sind glückliche Männer und Frauen, weil sie ihr Leben vollkommen verwirklicht haben.  Glücklich, vollkommen verwirklicht, kann nur derjenigen sein, der in der Liebe lebt, der die Freude erfährt, um seiner selbst willen geliebt zu werden und im Gegenzug die Freude, selbst aus ganzem Herzen zu lieben. Das Evangelium ist eine Verkündigung der Seligkeit, es ist eine Einladung zum Glück für alle – und gerade deshalb ist es ein Aufruf zur Heiligkeit für alle! Warum tun wir uns dann so schwer damit, Glück zu erfahren? Warum glauben wir, Heiligkeit sei nur das Privileg einiger weniger – während andere (wir) sich mit einem Leben in grauer Mittelmäßigkeit zufriedengeben müssten? Vielleicht, weil wir die Liebe nicht verstanden haben. Wir denken, um geliebt zu werden, müssten wir es irgendwie v...

Wer sich selbst erhöht und wer sich selbst erniedrigt

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  30. Sonntag im Jahreskreis Das Gleichnis, das wir an diesem Sonntag hören (Lk 18,9-14), wurde erzählt für einige,  die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten. Gerecht zu sein bedeutet, „in Ordnung“ zu sein, ein „anständiger“ Mensch zu sein. Jesus wendet sich an diejenigen, die sich für gerecht halten, damit sie sich endlich selbst hinterfragen. Die Tatsache, dass sie  andere verachten , zeigt, dass sie in Wirklichkeit ziemlich zerbrechliche Menschen sind, die arrogant werden und nur überleben, indem sie andere kritisieren. Ihre Selbstdarstellung zeigt, dass sie innerlich nicht so stark sind, wie sie es sich einbilden. Das Gleichnis präsentiert zwei Personen, die für die regelmäßigen Zuhörer Jesu beide unangenehm waren. Der Pharisäer ist unsympathisch: Er ist der religiös perfektionistische Mensch, von dem man sich verurteilt fühlt. Der Zöllner hingegen ist der Steuereintreiber, der sich an den Feind verkauft hat und sein eigenes Volk...

Beten

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29. Sonntag im Jahreskreis – C Im Evangelium dieses Sonntags (Lk 18,1-8) hören wir ein Gleichnis darüber, dass wir allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten Nachdem Jesus das Gleichnis erzählt und dessen Bedeutung erklärt hat, stellt er seinen Zuhörern eine Frage: Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden? Der Zusammenhang ist klar: Wer nicht betet, kann den Glauben nicht bewahren. Der heilige Alfons hat es lapidar ausgedrückt: „Wer betet, wird gerettet, wer nicht betet, wird verdammt.“ Das Gebet ist also nicht optional, keine Finesse, der wir uns nur zu besonderen Anlässen widmen könnten.  Jesus bekräftigt die Notwendigkeit, immer zu beten, d. h. auf beständige, gewohnheitsmäßige, unermüdliche, beharrliche Weise, ohne jemals müde zu werden. Wann werden wir des Betens müde? Wenn wir uns langweilen, wenn wir von vielen Dingen abgelenkt werden, die uns dringlicher erscheinen. Ja. Aber vor allem, wenn wir das Gefühl haben, dass unser Gebet ni...

Dankbarkeit

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28. Sonntag im Jahreskreis – C Das Evangelium dieses Sonntags zeigt uns Jesus, der auf seinem Weg nach Jerusalem auch durch Samaria reist. Samaria war eine Region, die fromme Juden mieden, weil sie als „unrein“ galt, befleckt durch Götzendienst. Am Eingang eines Dorfes kommen ihm zehn Menschen entgegen (zehn ist eine symbolische Zahl, die für die Gesamtheit steht: Sie repräsentiert die gesamte Menschheit). Diese Menschen haben das schlimmste Problem, das man sich in der Antike vorstellen konnte: Lepra, eine ansteckende Krankheit, die „unrein“ macht, vom menschlichen Zusammenleben ausschließt und die Teilnahme am Gottesdienst verhindert.  Sie treten vor Jesus hin und bleiben in der vom Gesetz vorgeschriebenen Entfernung stehen. Sie wissen, dass sie unrein sind. Sie rebellieren nicht, sie fordern keine andere Behandlung, sie verlangen nichts, sie sind keine Bewegung für die Rechte der Aussätzigen. Sie wenden sich mit einem Gebet voll Vertrauen und ohne Zögern an Jesus: „J esus, Meist...