DIe Nacht
19. Sonntag im Jahreskreis – C
In der zweiten Lesung dieses Sonntags (Hebr 11,1-2.8-19) heißt es:
Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.
Man hofft auf das, was man nicht hat, man glaubt an das, was man nicht sieht. Es ist kein Zufall, dass der Glaube oft mit einem Bild von Dunkelheit und Nacht in Verbindung gebracht wird. Sicher, die Dunkelheit ist nicht anziehend; man hat instinktiv Angst vor der Dunkelheit. Und in der Bibel ist die Nacht oft ein Zeichen von Chaos, Bösem, Verbrechen, Prüfung. Die Nacht kann aber auch ein fruchtbarer Schoß sein, aus dem Licht und Morgen entspringen.
So ist die erste Lesung (Weish 18,6-9) eine Betrachtung zur Nacht des Passahfestes:
Die Nacht der Befreiung wurde unseren Vätern vorher angekündigt; denn sie sollten sich freuen in sicherem Wissen, welch eidlichen Zusagen sie vertrauten.
Glaube ist immer mit Hoffnung und Mut in der Dunkelheit verbunden. Nicht zufällig leitet Jesus im Evangelium (Lukas 12,32-48) seine Lehre mit den Worten ein:
Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.
Das Reich ist uns gegeben; es ist ein Schatz, den wir bereits besitzen. Doch wir besitzen ihn im Dunkeln; wir sehen ihn nicht. Wir besitzen ihn in der Nacht: Es ist ein gegenwärtiges, aber verborgenes Gut; im Keim und ständig bedroht.
Wir befinden uns in der langen Nacht, die der Wiederkunft des Herrn in Herrlichkeit vorausgeht. Die ganze Kirche lebt in Erwartung seiner Wiederkunft am Ende der Zeit. Und wir wissen auch, dass es für jeden von uns eine ganz persönliche Nacht geben wird, die Stunde unseres Todes, in der wir dem Herrn begegnen und von ihm gerichtet werden.
Um uns richtig darauf vorzubereiten, erzählt der Herr drei kurze Gleichnisse.
Das erste beschreibt einen Herrn, der sein Haus verlässt, um an einem Hochzeitsfest teilzunehmen. Die Feierlichkeiten dauerten damals mehrere Tage, so dass auch seine Abwesenheit länger dauern konnte. In einer solchen Situation wurden die Treue und der Fleiß der Diener auf die Probe gestellt. Sie mussten wachsam sein, mit gegürteten Hüften und brennenden Lampen. Der Herr konnte spät in der Nacht, oder in den frühen Morgenstunden oder vor Sonnenaufgang zurückkehren. Von den Dienern wird ein Opfer verlangt, das groß scheinen mag, aber auch die Belohnung wird groß sein. Der Herr, bewegt von der Hingabe und Treue ihm gegenüber, wird ihnen eine angemessene Belohnung gewähren, die ihre Erwartungen übertrifft. Ohne Rücksicht auf die Gebräuche und seine eigene Würde, setzt er die Diener an den eigentlich für ihn gedeckten Tisch, legt eine Schürze um und beginnt, sie zu bedienen. Er wird vom Herrn zum Diener, und der Diener wird zum Tischgenossen, zum Freund seines Herrn. Doch die Diener müssen wachsam sein.
Die Notwendigkeit der Wachsamkeit wird im Gleichnis vom Dieb wiederholt. Man muss warten können, mit der gleichen Wachsamkeit, die erforderlich ist, um einen Diebstahl zu verhindern: Ein Dieb warnt nie im Voraus, ein Einbrecher hat keine Geschäftszeiten!
Die Frage des Petrus: „Herr, sagst du dieses Gleichnis nur uns oder auch zu allen?“ führt zu einem neuen Gleichnis bzw. zu einer Weiterentwicklung der vorherigen Geschichte. Es werden immer noch Diener erwähnt, doch diesmal sind es Verwalter, die in Abwesenheit des Herrn mit der Instandhaltung und Verwaltung des Hauses betraut sind. Das Gleichnis richtet sich somit an die Verantwortlichen der Gemeinde. Der Verantwortliche ist nicht der Herr: es soll nur die Anweisungen des Herrn ausführen und das auf treue Weise. Die Belohnung für den treuen Verwalter ist groß: die Freude über die erfüllte Pflicht, das Wohlwollen des Herrn, die Einsetzung über das ganze Vermögen.
Die Figur des treuen Verwalters wird durch den Vergleich mit einem anderen Verantwortlichen hervorgehoben, der während Abwesenheit des Herrn ein arrogantes und gewalttätiges Verhalten an den Tag legt. Machtmissbrauch ist eine häufige Versuchung für diejenigen, die glauben, mit unanfechtbarer Autorität ausgestattet zu sein. Sie äußert sich normalerweise in Aggressivität gegenüber Untergebenen und in der Verfolgung eigener Interessen. Bei der plötzlichen Rückkehr des Herrn ist die Verurteilung des Verwalters unvermeidlich: Er hat sein Amt missbraucht und wird deshalb daraus entfernt. Während der treue Diener in eine höhere Position befördert wird, verliert der Verwalter, was er hat; er wird hinausgeworfen und mit den untreuen Knechten an einen Ort der Bestrafung gejagt.
Was macht den Unterschied zwischen den Treuen und den Untreuen aus, zwischen denen, die aufmerksam wachen, und denen, die zulassen, dass ins Haus eingebrochen wird? Jesus sagt es deutlich: das Herz.
Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.
Wenn Er unser Schatz ist, dann wird unser Glaube wirksam und wir leben unsere Nacht in der Erwartung seiner Wiederkunft! Und wir erfahren schon jetzt, dass uns das Reich bereits geschenkt ist; bereits jetzt lässt uns der Herr in der Eucharistiefeier an seinem Tisch Platz nehmen und bedient uns.
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