Herr, lehre uns beten!

 

17. Sonntag im Jahreskreis – C

Im Evangelium vom heutigen Sonntag (Lk 11,1-13) finden wir zunächst eine Information, die uns nicht entgehen darf:

Jesus betete einmal an einem Ort. 

Es gibt sehr viele Zeugnisse über das Gebet Jesu: Er zog sich zum Beten an einsame Orte zurück (Lukas 5,16), er verbrachte ganze Nächte im Gebet (Lukas 6,12) … Als die Jünger ihn beten sehen, wird ihnen bewusst, dass sie bis zu diesem Moment noch nie wirklich gebetet hatten, und sie sagen:

„Herr, lehre uns beten!“

So entsteht das Vaterunser, als ein lebendiger Strom des Gebetes Jesu, der an die Jünger weitergegeben wird.

Und es ist interessant für uns, die Fassung dieser Worte Jesu bei Lukas zu lesen, die nicht ganz mit der von Matthäus (6,9-13) übereinstimmt, welche wir aus der Liturgie kennen. Es ist interessant, weil es uns verstehen lässt, dass Jesus uns nicht eine Formel vermitteln will, sondern uns in seine Beziehung zum Vater einführen möchte. Das Gebet der Christen ist das Gebet Christi. Wir beten in ihm, und er betet in uns. Deshalb sagen wir, wenn wir beten: „Vater!“

Alle Gebete Jesu, die in den vier Evangelien bezeugt sind – mit der einzigen Ausnahme seines Schreis am Kreuz, der jedoch ein Zitat aus Psalm 22,2 ist - haben die Anrufung „Vater“, Abba, gemeinsam.

Darin liegt die ganze überwältigende Neuheit des Gebets Jesu; eine Neuheit, die sich aus der Tatsache ergibt, dass es der Sohn Gottes selbst ist, der betet. Wir machen uns sein Gebet zu eigen, weil wir – wie uns der heilige Paulus in der zweiten Lesung (Kol 2,12-14) und im Ruf vor dem Evangelium (Röm 8,15) erinnert – in der Taufe mit Christus vereint wurden und seinen Geist empfangen haben.

Befreien wir uns daher von bestimmten falschen Vorstellungen über das Gebet, die uns denken lassen, dass Beten bedeute, eine Pflicht zu erfüllen, eine bestimmte Andachtsbuchführung einzuhalten, die aus Formeln, Zahlen, starren Mustern besteht, welche „gelten“ oder „nicht gelten“, und die mehr oder weniger wirksam sind, Gott zu überzeugen, das zu tun, was wir wollen oder letztendlich irgendeine göttliche Wohltat zu erhalten. 

Ein derartiges Gebet hat vielleicht eher mit Aberglaube als mit Glaube zu tun und entspringt einer schlechten Kenntnis Gottes. 

Die erste Lesung (Gen 18,20-32) hilft uns bereits zu verstehen, dass wir nicht beten müssen, um das göttliche Wohlwollen zu erhalten: Das haben wir bereits! Da gibt es den Aufschrei der Sünde von Sodom und Gomorra: die Ungerechtigkeit, die das Eingreifen eines gerechten Gottes erfordert. Doch es gibt auch die Güte Gottes selbst, seine Freundschaft mit den Menschen. Gerade weil Abraham den wahren Gott kennt, kann und muss er für die Menschen beten und Fürsprache einlegen:

„Willst du auch den Gerechten mit den Ruchlosen wegraffen? Fern sei es von dir, so etwas zu tun: den Gerechten zusammen mit dem Frevler töten. Dann ginge es ja dem Gerechten wie dem Frevler. Das sei fern von dir. Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben?“

Abraham betet gut, weil er Gott gut kennt und ganz mit seiner Gerechtigkeit und Güte in Einklang ist. 

Wir haben Abraham gegenüber sogar einen Vorteil, denn Gottes Gerechtigkeit und Güte wurden in Jesus Christus vollkommen offenbar. Der Herr zeigt sie uns in zwei kurzen Gleichnissen.

Das erste konzentriert sich auf das Bild des Freundes. Auch unter uns gibt es freundschaftliche Beziehungen, und Freunde wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Wenn ein Freund von einer Reise zu dir kommt, bietest du ihm etwas zu essen an. Und wenn du kein Brot hast, aber ein anderer Freund nebenan hat es, dann gehst du zu ihm und bittest ihn, dir welches zu leihen. Natürlich hat menschliche Freundschaft ihre Grenzen: Der Nachbar bleibt vielleicht im Bett, er möchte seine Familie nicht stören … aber die Beharrlichkeit des Freundes führt am Ende zum Ziel. Und wir können auf die Freundschaft Gottes zählen, der niemals schläft, der keine Angst hat, jemanden zu stören, der uns durch seinen Sohn sagt:

„Darum sage ich euch: Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.“

Wir können also beten, weil wir Freunde Gottes sind, weil Gott unser Freund ist. Mehr noch: Er ist unser Vater! Jesus sagt zu den Jüngern: Manche von euch sind auch Väter; gewiss haben menschliche Väter viele Grenzen, sie sind auch böse, aber sie wissen, ihren Kindern gute Gaben zu geben. Wie viel mehr wird Gott, der der wahre, gute Vater ist, seinen Kindern gute Gaben geben! Das bedeutet, wir können beten, weil Gott unser guter Vater ist.

Ja, aber … wir alle haben schon einmal die Erfahrung gemacht, Gott um etwas zu bitten und es nicht zu erhalten. Warum? An diesem Punkt müssen wir die Lehre Jesu tiefer annehmen, die nicht nur die Handlung des Betens, sondern auch den Inhalt des Betens betrifft. Was sollen wir von Gott erbitten?

-                   Dass der Name des Vaters geheiligt werde, das heißt, dass wir fähig werden, ihn in seiner heiligen Vaterschaft, in seiner väterlichen Heiligkeit zu erkennen.

-                  Dass sein Reich komme, das Liebe, Frieden und Freude für alle Geschöpfe ist.

-                  Dass er uns das gibt, was wir täglich brauchen; das, was den Körper nährt, aber auch das, was den Geist nährt: sein Wort, die Eucharistie, Jesus, das wahre Brot.

-                  Dass uns unsere Sünden vergeben werden und wir Diener der Vergebung für unsere Geschwister werden

-                  Dass wir von der Versuchung befreit werden

All das kann man in einer einzigen Bitte zusammenfassen: Wir bitten, dass uns der Heilige Geist geschenkt wird. Und diesbezüglich haben wir die Zusicherung Jesu: Untrüglich wird der Vater den Heiligen Geist denen geben, die ihn darum bitten. 

🇮🇹

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