Sich versöhnen zu lassen
4. Sonntag der Fastenzeit - C
Dieser Sonntag ist der Sonntag der fastenzeitlichen Freude.
Aber was? Ist die Fastenzeit nicht eine Zeit der Buße und Umkehr?
Natürlich; aber die Frucht der Bekehrung ist die Freude über das wiedergefundene Heil. Ja, denn die Sünde ist Traurigkeit, ist Angst; die Bekehrung ist die Befreiung von der Sünde. Die Sünde ist Hass, die Bekehrung ist Liebe.
Viele Menschen stellen sich das Christentum als eine strenge Religion vor, sogar als eine Religion die misstrauisch wäre gegenüber der Freude, der Fröhlichkeit, der Spontaneität. Stattdessen kann es ohne Freude kein wahres Christentum geben.
Und es würde eine anregende Wirkung haben, die Geschichte unseres Lebens noch einmal zu lesen im Licht der Geschichte vom „verlorenen Sohn“, die wir im heutigen Evangelium hören (Lk 15,1–3.11–32). Unsere Sünde als Abschied vom Vaterhaus, die Umkehr, das Fest der Heimkehr.
Möglicherweise könnten wir hinzufügen, dass auch für uns der Ausgangspunkt der Bekehrung zweideutig war, wie für den verlorenen Sohn: Der junge Mann hat Hunger. Deshalb kehrt er zurück: nicht aus Liebe, sondern aus Berechnung (und oft kehren wir aus Berechnung zu Gott zurück). Doch der Vater, der nicht aufgehört hat, auf uns zu warten, nimmt uns in Liebe auf.
Und es würde schön sein, zu sehen, wie die Bekehrung des Sohnes durch ein Mahl besiegelt wird, in dem auf gewisse Weise die eucharistische österliche Speise angedeutet ist. Die erste Lesung (Jos 5,9–12) erinnert uns in der Tat an das Paschafest, das das Volk Gottes im gelobten Land gefeiert hat. Und so sind wir alle mit Gott versöhnt, wie es die zweite Lesung verkündet (2 Kor 5,17-21).
Doch diese ausschließlich auf die Figur des „verlorenen Sohnes“ konzentrierte Betrachtung erklärt weder den Anfang noch das Ende des Gleichnisses.
Lesen wir Lukas 15,1ff:
In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen. Da erzählte er ihnen dieses Gleichnis und sagte: Ein Mann hatte zwei Söhne…
Das Gleichnis wurde nicht für die Sünder erzählt, sondern für die Pharisäer, die glaubten, keine Sünde zu haben, und empört waren, weil Jesus die Sünder aufnahm.
Aus diesem Grund endet das Gleichnis nicht mit dem Fest für die Rückkehr des verlorenen Sohnes, sondern geht noch weiter und zeigt uns den älteren Sohn, der zornig ist und nicht hineingehen will.
Man versteht also, warum manche diesen Abschnitt des Evangeliums nicht „Der verlorene Sohn“, sondern „Das Gleichnis von den zwei Söhnen“ nennen. Der ältere Sohn ist die Figur für die Pharisäer, die murren, weil Jesus die Sünder aufnimmt. Er repräsentiert aber auch uns, wenn wir zu Gott eine Beziehung des Gebens und Nehmens aufbauen wollen: Ich diene dir und befolge deine Gebote, deshalb habe ich ein Recht auf deine Güte - und die Sünder nicht. Und wenn Christus die Sünder aufnimmt und mit ihnen isst, dann möchte ich an diesem Fest nicht teilnehmen.
Seht, dieses „er wollte nicht hineingehen“ ist sehr stark: Es bedeutet die Verweigerung der Erlösung; es bedeutet die Hölle. Ist es möglich, dass ein Mensch, der „nie sein Gebot übertreten hat“, Gott bis zu diesem Punkt ablehnen kann? Leider ja. Das geschieht, wenn man Gott nicht aus Liebe dient, sondern aus Angst oder Eigeninteresse.
Doch Gott gibt seine Liebe zu uns nicht auf: Der Vater geht hinaus und bittet seinen Sohn, hereinzukommen. Ist euch das klar?! Gott selbst kommt und bittet uns, hineinzukommen und mit ihm zu feiern.
Der heilige Paulus greift das auf:
Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen! (2 Kor 5,21)
Wir alle haben uns von Gott entfernt: Einige haben wie der jüngere Sohn ihr Zuhause verlassen und ein ausschweifendes Leben geführt; andere haben wie der ältere Sohn dieses Zuhause nie verlassen, aber Gott aus Angst gedient oder um Gefälligkeiten von ihm zu erhalten. Allen bietet Gott in Christus die Versöhnung an: Er umarmt uns, er bittet uns, mitzufeiern, er versöhnt uns mit sich, er macht uns keine Vorwürfe wegen unserer Schuld, er macht uns zu neuen Geschöpfen.
Wenn Gott dir alles Gute gibt – und er gibt es dir immer –, dann kommt die Traurigkeit zu dir dadurch, dass du etwas wünschst, das außerhalb von Gott ist, also durch die Sünde. Doch gerade in dieser Traurigkeit der Sünde erreicht dich die Gestalt der christlichen Freude: Es ist Freude, die durch die Offenbarung der Liebe des Vaters zu den Sündern möglich wird.
Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden (2 Kor 5,17).
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