Die Essenz des Glaubens



27. Sonntag im Jahreskreis – C

Stärke unseren Glauben!

Das scheint die angebrachteste Bitte zu sein, die wir an den Herrn richten können. Angesichts des Ausmaßes unserer Aufgabe und angesichts der radikalen Anforderungen des Evangeliums richten auch wir, wie die Apostel, dieses Gebet an den Herrn; wir bitten um seine Hilfe, um eine neue Dosis Gottvertrauen:Stärke unseren Glauben!

Aber – wie ihr vielleicht bemerkt habt – antwortet Jesus nicht direkt auf diese Bitte, die doch so richtig erscheint. Jesus antwortet im Gegenteil, dass es nicht viel braucht, um Wunder zu erreichen. 

Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen.

Dann erzählt er das Gleichnis vom Diener, der - nachdem er das Feld gepflügt oder die Herde geweidet hat - seinen Herrn noch beim Essen bedienen und sich als unnützer Diener fühlen muss. Das scheint, ehrlich gesagt, nichts mit der Bitte der Apostel zu tun zu haben: Stärke unseren Glauben!

Und doch hat es damit zu tun. Aber wir müssen den Schlüssel finden, der die Bitte der Apostel, den Vergleich zwischen dem Senfkorn und dem Maulbeerbaum und das Gleichnis vom unnützen Diener miteinander verbindet. 

Beginnen wir mit dem Vergleich zwischen dem Senfkorn und dem Maulbeerbaum. Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen.

Das Bild vergleicht den Maulbeerbaum, der so groß und schwer zu entwurzeln ist, mit dem kleinsten aller Samenkörner. Aber warum antwortet Jesus auf die Bitte der Apostel „Stärke unseren Glauben!“ auf diese Weise? Was will er uns damit sagen? Jesus will uns klar machen, dass es nicht so sehr darauf ankommt, sozusagen die Bestände auf den Bergen, in den Speichern unseres Glaubens zu messen, sondern vielmehr im Tal die Aktivität unseres Glaubens zum Sprudeln zu bringen.

Es ist, als würde er sagen: Bevor ihr um mehr Glauben bittet, versucht erst zu verstehen, was es bedeutet, Glauben zu haben. Glauben bedeutet, sich in Gottes Hände zu legen, und für Gott ist alles möglich. Und hier sind wir beim Kernstück des Glaubens angelangt: Der Glaube – wie der heilige Paulus lehrt (Röm 1,5) – ist Gehorsam. Wenn du Gott gehorchst, gehorchen alle Geschöpfe dir: Selbst der Maulbeerbaum würde dir gehorchen. Psalm 8 sagt uns, dass Gott den Menschen als Herrscher eingesetzt hat über das Werk seiner Hände, ihm alles zu Füßen gelegt hat: All die Schafe, Ziegen und Rinder und auch die wilden Tiere, die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, alles, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht. Das ist die Berufung des Menschen, die sich verwirklicht, wenn der Mensch Gott gehorcht (d.h. wenn er die Essenz des Glaubens verwirklicht). Wenn der Mensch sich jedoch gegen Gott auflehnt, nicht gehorcht, dann wird die Erde zu einer unwirtlichen Wüste: Verflucht ist der Ackerboden deinetwegen – sagt der Herr zu Adam – Dornen und Disteln lässt er dir wachsen.

Die franziskanischen Quellenschriften erzählen uns, wie alle Geschöpfe Franziskus gehorchten: die Vögel, die Grillen, die Lerchen, das Feuer und sogar die Wölfe... Aber warum? Weil Franziskus Gott gehorchte; er verfolgte kein eigenes Projekt, das er in der Welt durchsetzen wollte, er suchte nicht seinen eigenen Vorteil: Er war Gott untertan, und deshalb war ihm alles untertan. 

Wir verstehen nun also den Zusammenhang mit dem Gleichnis, das folgt, mit dem Gleichnis vom Diener: Es zeigt, dass Christus von uns sowohl einen starken Glauben verlangt, als auch einen Glauben, der gehorsam, untertan, bescheiden ist. Hast du für deinen Herrn gearbeitet? Hast du das Feld gepflügt und die Herde geweidet? Dann gürte deine Hüften und bediene am Tisch! Gehorche bis zum Ende. Das ist dein Glaube. Es ist sinnlos, die Vorräte des Glaubens zu messen: Lebe den Gehorsam und erkenne an, dass du ein unnützer Diener bist.

Das Bild des Senfkorns führt uns auch dazu, das Schicksal Christi selbst mit dem Glauben seiner Jünger in Verbindung bringen. Jesus war als Erster demütig wie das Senfkorn, denn er hat die Menschwerdung und die Kreuzigung angenommen. Und nun offenbart er seine Kraft durch uns, seine Jünger. Deshalb werden wir durch das Gleichnis vom Diener aufgefordert, die empfangene Kraft nicht zu missbrauchen und die Anordnungen unseres Herrn in einem demütigen und treuen Dienst auszuführen.

Gott bezieht uns mit ein, als seine Mitarbeiter. Er hält aber diejenigen für nutzlos, die sich selbst für besonders unentbehrlich halten. Von Gott als „nichtsnutziger Diener” bezeichnet zu werden, ist ein Unglück (vgl. Mt 25,30); sich selbst so zu definieren, ist ein Segen.

🇮🇹

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