Sich des Kreuzes rühmen

Kreuzerhöhung
Der Eröffnungsvers zur heutigen Messe, entnommen aus dem Brief an die Galater (6,14), lautet:
Wir rühmen uns des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus. In ihm ist uns Heil geworden und Auferstehung und Leben. Durch ihn sind wir erlöst und befreit.
Diese Idee, dass wir uns des Kreuzes rühmen sollen, ist wirklich paradox. Vielleicht ist uns das nicht bewusst, weil wir so an das Bild des Kreuzes gewöhnt sind, dass wir es nicht mehr wahrnehmen. Als jedoch die Apostel den gekreuzigten Christus verkündeten, zerrissen die Juden ihre Kleider, weil das für sie eine unerhörte Gotteslästerung war; die Griechen ihrerseits lachten und sagten: Seht euch diese Verrückten an, was erzählen sie da! Sie predigen im Namen eines Mannes, der am Kreuz gestorben ist!
Der heilige Paulus kommentiert diese Situation mit den Worten: „Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ (1 Kor 1,23-24). Das heutige Fest ist eine Gelegenheit, über das Geheimnis des Kreuzes nachzudenken, denn nur so können wir Gottes Kraft, Gottes Weisheit, seinen Plan für uns selbst, für unsere Gemeinde und für die Kirche unserer Zeit verstehen.
Die erste Lesung (Num 21,4-9) erzählt eine geheimnisvolle Episode aus der Geschichte der Befreiung, die Gott für sein Volk vollbracht hat. Eine Geschichte des Heils, aber auch eine anspruchsvolle und beschwerliche Geschichte. Der Herr hatte die Israeliten aus Ägypten geführt, in die Wüste, hin zum gelobten Land; doch das Volk ertrug die Reise nicht: Gottes Werk war zu anspruchsvoll. Daher die Rebellion. Durch diese Rebellion stirbt man, und man stirbt auf schlimme Weise: Feuerschlangen kommen und richten ein Massaker unter dem Volk an. Das Volk bereut, Moses betet für sie und erhält den Befehl, eine bronzene Schlange zu machen und sie an einer Stange aufzuhängen: es ist die Abbildung für den Tod als Folge der Sünde; die Israeliten, die dieses Abbild mit Glauben betrachteten, blieben am Leben.
Was zu Moses' Zeiten nur ein Zeichen war, wird im Kreuz Christi Wirklichkeit. Der gekreuzigte Jesus ist nicht nur eine „Darstellung“ des Todes als Folge der Sünde: Es ist Realität!
Warum ist Jesus ans Kreuz gegangen? Oft verweilt man dabei, über menschliche und politische Ereignisse nachzudenken: die Interessen des Hohen Rates, die Motive der Römer … Aber all das sind nur nebensächliche Ursachen. Der wahre Grund für Jesu Kreuzigung ist, dass er, der Unschuldige, die Sünde der Welt auf sich nahm und von ihr getötet wurde.
Natürlich gibt es weiterhin Sünde in der Welt und sie tötet weiterhin – so wie die Schlangen auch weiterhin herumgekrochen sind und gebissen haben, auch nachdem Moses die bronzene Schlange aufgerichtet hatte – aber wer jetzt auf Jesus schaut, wer voll Glauben seinen Blick auf den Gekreuzigten richtet, der wird gerettet!
Das Evangelium hat uns auch den Schlüssel gegeben, um dieses Geheimnis, seine tiefste Motivation, zu verstehen: die Liebe.
Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.
Das ist das Kreuz aus Gottes Perspektive: ein Geheimnis der Liebe und ein Geheimnis der Erlösung. Das ist das Herz unseres Glaubens, und wir müssen immer wieder zu diesem Herzen zurückkehren, um uns selbst, unsere Berufung und unsere Hoffnung zu verstehen.
Aber wir sind aufgerufen, eine ganz klare und eindeutige Entscheidung zu treffen: an ihn zu glauben.
Jeder, der glaubt, hat in ihm ewiges Leben.
Wer glaubt, wird nicht gerichtet: Er ist gerettet, er hat das Leben: Das ist der Sinn der christlichen Freude: Die Traurigkeit der Sünde und der Strafe wird überwunden von der Freude der Erlösung: Es ist Leben im Licht.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen