Die Spaltung

 

20. Sonntag im Jahreskreis – C

Im Evangelium dieses Sonntags (Lk 12,49-53) lesen wir:

„Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung.“

Diese Worte schockieren uns. Die ganze Heilige Schrift sagt uns, dass der Frieden das messianische Geschenk schlechthin ist. Jesaja (9,5) bezeichnet den Messias als „Fürsten des Friedens“, Ezechiel (34,25; 37,26) spricht vom Neuen Bund als einem „Friedensbund“. Bei Jesu Geburt singen die Engel: „Friede auf Erden bei den Menschen seiner Gnade“ (Lk 2,14). Bevor Jesus stirbt, sagt er selbst zu seinen Jüngern: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh 14,27), und nach seiner Auferstehung grüßt er seine Jünger mit den Worten „Friede sei mit euch“ (Joh 20,19.21.26). Deshalb erscheint es uns seltsam, dass er uns nun sagt, er sei nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern Spaltung!

Das liegt daran, dass das Wort „Friede“ ziemlich ambivalent ist. In der heutigen Welt gibt es viele religiöse Angebote, die Frieden versprechen. Und mit Frieden meinen sie Wohlbefinden, Ruhe, Harmonie … Es handelt sich oft um orientalisch geprägte Wege, die auf Meditationstechniken basieren, welche die Entspannung des Geistes Entspannung und innere Ausgeglichenheit anstreben; aber es gibt auch Sekten christlichen Ursprungs, die eine sehr einfache Botschaft vermitteln: Nimm Jesus in dein Leben auf, und alles wird geschehen, wie du es dir wünschst.

Der Wortgottesdienst führt uns heute auf eine ganz andere Ebene. Die erste Lesung (Jeremia 38,4-10) zeigt uns den verfolgten Propheten, der beschuldigt wird, nicht das Heil des Volkes zu suchen, weil er ein unbequemes Wort verkündet, das Bekehrung erfordert. Das ist eine Konstante: Die falschen Propheten versprechen Frieden, während das Gericht Gottes hingegen dabei ist, über die untreuen Menschen hereinzubrechen. Sich bekehren, das Urteil Gottes über sich selbst annehmen, sich reinigen zu lassen durch das Wort Gottes – das ist die nötige Voraussetzung, um den echten Frieden zu erlangen. 

Jesus verkündet diese Reinigung mit dem Bild des Feuers. Um das Edelmetall zu gewinnen, muss der Rohstoff in den Ofen gegeben werden: Alles Unreine und Geringwertige wird verbrannt, und was übrigbleibt, ist schön und glänzend. Feuer ist ein Symbol für das Urteil Gottes, in das wir eintreten müssen, um erneuert zu werden; es ist ein Bild des Heiligen Geistes, der uns - nachdem er uns gereinigt hat - erleuchtet, wärmt, mit Energie und neuem Leben erfüllt… Aber er lässt uns nie so, wie wir waren.

Jesus verwendet ein weiteres Bild: Er spricht zu uns von der Taufe, mit der er getauft werden muss – offensichtlich bezieht er sich auf seinen Tod am Kreuz – und gesteht uns, dass er bedrängt ist, bis sie vollzogen ist. Seht, der Frieden, den Jesus uns schenkt, ist keine billige Ruhe! Jesus zahlt den Preis des Friedens mit der Qual seiner Seele und der Kreuzigung seines Leibes. Der Frieden, den er uns schenkt, wird sich zwangsläufig mit Spaltung auseinandersetzen müssen.

Das Evangelium, wenn es die Menschen erreicht, bringt die familiären und sozialen Beziehungen durcheinander, die bisher eine gewisse Ruhe geboten hatten. Warum? Weil das Reich Gottes eine Neustrukturierung aller Beziehungen auf neuen Grundlagen erfordert.

Aber ist dieser Preis nicht zu hoch? Ist es nicht absurd, dass die Verkündigung der Liebe Spaltung hervorruft?

Nein. Wenn das Wort Gottes trennt, dann ist es wie das Skalpell des Chirurgen, das schneidet, um zu heilen. Jesus wünscht sich keine Spaltung; er fordert uns nicht auf, mit unseren Familien zu streiten. Er appelliert hingegen für das Evangelium, das wie ein loderndes Feuer ist. Und wenn das geschieht, dann ist es nicht möglich, neutral zu bleiben, um einen illusorischen „Frieden“ aufrechtzuerhalten. Einige nehmen das Evangelium an, andere lehnen es ab.

Was wir tun sollen - wie es in der zweiten Lesung (Hebr 12,1-4) heißt - ist

alle Last und die Sünde abwerfen, die uns so leicht umstrickt (…) und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt.

Jesus hat die Spaltung akzeptiert und Anfeindung von Seiten der Sünder gegen sich erduldet. Er hat akzeptiert, ein “Zeichen zu sein, dem widersprochen wird“ (Lk 2,34) und er hat uns gesagt, dass das auch in unserem Leben so sein wird. 

Die Spaltung, die Christus gebracht hat, ist sein Kreuz, das zur Auferstehung führt: Es verursacht Spaltung, aber es erbaut die wahre Gemeinschaft und schenkt echten Frieden.

🇮🇹

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Was für eine Gnade ist die Ehe?

Das Wichtigste

Der Erste ist der Letzte