Worin besteht das Leben?
18. Sonntag im Jahreskreis - C
Das Evangelium von diesem Sonntag (Lk 12,13-21) stellt uns einen „aus der Volksmenge“ vor – also keinen Jünger, sondern einen der vielen, die sich von den Worten und Wundern des Herrn irgendwie angezogen fühlen. Dieser bittet Jesus:
“Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen!”
Wenn – wie manche vermuten – der Bruder dieses Mannes ein Jünger Jesu war, erscheint die Bitte verständlich. Doch Jesus verblüfft uns: Er lehnt diese Rolle als Richter über oder Vermittler zwischen den Männern ab. Man fragt sich: Warum? Wäre es nicht ein Werk der Barmherzigkeit, einen Schiedsspruch auszusprechen, der zur Versöhnung der Brüder führt?
Natürlich wäre es das, und viele Heilige haben es getan. Doch Jesu Auftrag geht viel tiefer, seine Barmherzigkeit ist unendlich größer. Er löst die Zwietracht nicht oberflächlich, sondern deckt die Wurzel all dieser Streitigkeiten unter Brüdern auf: die Habgier, den Wunsch nach Besitz:
„Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt.“
Und hier rebelliert unser gesunder Menschenverstand: Nun, sagen wir, das ist leicht gesagt, aber wir brauchen Besitz, wir müssen uns finanziell absichern; schließlich hängt unser Leben genau davon ab!
Wirklich? Es kommt ganz darauf an, was wir unter Leben verstehen!
Wenn wir mit „Leben“ unser Überleben auf dieser Erde meinen, geben uns die materiellen Güter, selbst wenn sie im Überfluss vorhanden sind, keinerlei Garantie. Das Gleichnis von der falschen Selbstsicherheit des reichen Mannes zeigt uns das. Auf den Feldern dieses reichen Mannes stand eine große Ernte, und seine einzige Sorge schien an diesem Punkt darin zu bestehen, größere Lagerhäuser zu bauen und so das Leben auf dieser Erde viele Jahre lang zu genießen; doch noch in derselben Nacht wurde das Leben von ihm zurückgefordert. Wem wird angesichts des Todes all das gehören, was er angehäuft hatte?
An dieser Stelle klingen die Worte der ersten Lesung (Koh 1,2; 2,21-23) nach: Kohelet hat gearbeitet, sich abgemüht, Güter angesammelt … und dann geht er ins Grab und hinterlässt alles einem anderen. Windhauch, Windhauch: Leere, Unbeständigkeit, vergebliche Mühe, vergeudetes Leben. Dieses irdische Dasein – so heißt es in Psalm 89 (90) – ist „wie Gras, das am Morgen wächst: Am Morgen blüht es auf und wächst empor, am Abend wird es welk und verdorrt“: wer nach dem Fleisch lebt, stirbt. Denn das Fleisch kann nicht nicht sterben.
Und deshalb ist Christus nicht gekommen, um Richter oder Mittler zu sein in unseren Streitigkeiten um irdische Güter: Er ist gekommen, um uns mit sich auferstehen zu lassen, um uns ewiges Leben zu schenken, das Leben, das niemals zerstört werden kann. Die zweite Lesung (Kol 3,1-11) drückt es deutlich aus: Wer zum Glauben kommt und getauft wird, ist dieser Welt gestorben, und Christus ist auferstanden:
Schwestern und Brüder! Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt! Richtet euren Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische!
Für diejenigen, die mit Jesus das Osterfest begangen haben, stellen sich die irdischen Güter anders dar als zuvor: Sich um die irdischen Dinge abzuhetzen, ganz und nur sie anzustreben, erscheint nun absurd, denn das ewige Leben hat bereits begonnen. Mit der Auferstehung Christi hat sich die Tür des Himmels geöffnet; man kann schon jetzt eintreten; ja, wir sind sogar schon eingetreten! Noch geschieht alles auf verborgene Weise:
Ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott.
Aber im Glauben öffnet sich der Weg der Herrlichkeit. In dieser neuen Situation ist es wirklich Windhauch und Torheit.
Wir müssen unseren Sinn auf das richten, was oben ist, nicht auf das Irdische! Sicherlich heißt das nicht, die eigenen irdischen Pflichten zu vernachlässigen (Arbeit, Studium, Familie, soziales Engagement), aber es bedeutet, sich diesen Dingen zu widmen als Menschen, die mit Christus auferweckt sind, also mit einem neuen Geist, einer neuen Intention, einem neuen Stil, nicht wie jemand der für sich selbst Schätze sammelt, sondern wie jemand, der danach strebt, vor Gott reich zu werden.
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