Ganz das Leben wählen


26. Sonntag im Jahreskreis - B

Im heutigen Evangelium (Mk 9,38-48) erklingt mehrfach das Wort „Ärgernis“. Im Alltagsgebrauch drückt dieser Begriff eine Reaktion der Empörung und des Protests aus gegen Situationen oder Ereignisse, die als untragbar empfunden werden. Aber die evangelische Bedeutung ist eine andere: Im griechischen Originaltext des Evangeliums wird das Wort „skandalon“ verwendet. „Skandalon“ bedeutet ein Hindernis, einen Stolperstein - die Ursache dafür, dass jemand, der am Gehen ist, strauchelt und hinfällt.

Für diejenigen, die auf dem Weg Christi gehen, lauert immer die Gefahr des Skandalon, des Ärgernisses: Manchmal kommt es von anderen, manchmal von uns selbst.

Die Worte des Herrn sind sehr ernst. Vor allem:

Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.

In einer Kirche, in der es Gott sei Dank nicht an Heiligen, Bekennern und Märtyrern fehlt, gibt es immer auch Verräter und – wie ein Sprichwort sagt – ein Baum, der fällt, macht mehr Lärm als ein Wald, der wächst. Ein Prediger, der nicht die gesunde Lehre verkündet, sondern den Wünschen der Welt gefällig sein will, sorgt für Ärgernis (vgl. 2 Tim 4,3-4), das unmoralische Verhalten einiger Priester, die Verdorbenheit mancher Christen, das Doppelleben einiger Ordensleute sind ein Skandalon...

Die Worte des Evangeliums warnen uns: Christus gegenüber müssen wir eine Entscheidung treffen, die absolut verpflichtet und in der keine Abstufungen möglich sind. Man nimmt ihn an oder man lehnt ihn ab: „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich“ (Mt 12,30). Man muss sich entscheiden.

Der Herr respektiert jede Entscheidung, aber den Kompromiss akzeptiert er nicht. Im Buch der Offenbarung (3,15-16) sagt er: „Wärest du doch kalt oder heiß! Weil du aber lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus meinem Mund ausspeien“.

Warum ist es so wichtig, sich zu entscheiden, auf welcher Seite man stehen will? Weil es darum geht, ins Leben einzugehen oder davon ausgeschlossen zu werden.

In der Theorie haben sich viele von uns für Christus entschieden: Wir sind getauft, wohl auch gefirmt, wir gehen zur Messe, wir bekennen uns zu unserem Glauben… Jedoch kann es vorkommen, dass wir gleichzeitig auch weiter an unserer Sünde hängen, die vielleicht der Stolz ist oder Habgier oder Unreinheit oder Egoismus oder jene Faulheit, die darin besteht, das geistliche Leben, das Gebet und die Sakramente zu vernachlässigen... Wir wissen, dass diese Dinge ein Hindernis sind, sie sind „ein Ärgernis“ für uns selbst, sie bringen uns dazu, zu fallen… und doch tolerieren wir sie.

Aber wenn du eine Nekrose an einem Fuß hättest und du hättest die Wahl: den Fuß amputieren oder sterben, was würdest du wählen? Sicherlich ist die Amputation besser als der Tod, auch wenn sie schmerzhaft ist. Jesus sagt genau das im heutigen Evangelium: Es ist besser für dich, verstümmelt, lahm oder einäugig ins Leben zu gelangen, als unversehrt in die Hölle geworfen zu werden. Es ist besser, den eigenen Stolz, die Gier, die Suche nach egoistischem Vergnügen, die Faulheit, die Nachlässigkeit zu opfern… und im Gegenzug das Leben zu haben!

Dieser Gedanke darf uns nicht in die Irre führen und uns glauben lassen, das Christentum sei Schmerz und Leid: alles andere! Das wahre Leid ist die Sünde: Stolz, Habgier, Lasterhaftigkeit, Entfernung von Gott…sie lassen uns traurig werden, sie bringen uns zum Verzweifeln, sie machen uns zu Sklaven. Nicht zufällig nennt Jesus die Hölle „Gehenna“; das war eine Müllhalde, auf der die Abfälle verbrannt wurden.

Müssen wir auf etwas verzichten, um Jesus nachzufolgen? Ja, auf den Müll, den wir in uns tragen. Was werden wir im Gegenzug bekommen? Die Freude Christi, die bereits jetzt beginnt und ewig dauern wird.

🇮🇹


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